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Mit Silizium gegen die Dürre

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​05.10.2021

ZALf-Wissenschaftler Jörg Schaller im Labor mit einer Schale Silizium

Die vergangenen Dürrejahre haben es eindrucksvoll gezeigt: Auch in Mitteleuropa kann der Niederschlag so knapp werden, dass die Ernte gefährdet ist. Forschende des Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. setzen bei der Suche nach einer Lösung nun im Agrarboden an: Eine Düngung mit amorphem Silikat, einer Siliziumverbindung, die in der Industrie stellenweise sogar als Abfallprodukt entsteht, könnte schon in wenigen Jahren gleich mehrere Probleme der modernen Landwirtschaft lösen. Amorphes Silikat steigert die Fähigkeit des Bodens, Wasser zu speichern und wirkt sich positiv auf die Verfügbarkeit von Nährstoffen und damit das Pflanzenwachstum aus. Die Forschungsarbeiten des ZALF werden finanziert von der DFG.

In den Boden einiger Versuchsfelder am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. in Müncheberg haben Projektleiter Dr. Jörg Schaller und sein Team im Jahr 2020 erstmals „amorphes Silikat“ eingearbeitet. Die Forschenden versprechen sich hiervon mehrere Vorteile: Ein großer Teil des wichtigen Pflanzennährstoffs Phosphor, der über die Düngung ausgebracht wird, bindet sich fest an Bodenpartikel und ist damit für die Pflanzen nicht erreichbar. Amorphes Silikat löst den Stoff aus seiner festen Bindung und macht ihn damit für Pflanzen besser verfügbar. Die Düngung mit Phosphor könnte damit perspektivisch deutlich reduziert werden, was angesichts weltweit schwindender Phosphorvorkommen einen wichtigen Schritt für die Einsparung von Ressourcen in der Landwirtschaft darstellt.

Einen weiterer wichtiger Effekt der Siliziumverbindungen haben die Forschenden in ihren Versuchen beobachtet: die Fähigkeit zur Wasserspeicherung. Wie ein Schwamm zieht amorphes Silikat Wassermoleküle an. „Wenn die oberen 20 Zentimeter der Bodenschicht ein Prozent mehr Silikat haben, haben wir 40 Prozent mehr pflanzenverfügbares Wasser“, beschreibt Jörg Schaller das Ergebnis der ersten Versuche. In einer Dürreperiode könnte dieses zusätzliche Wasser für die Pflanze bis zum nächsten Regenguss lebenserhaltend sein und Ernteverluste mindern. Eine überhöhte Silikatdüngung könnte hingegen mehr Nährstoffe freisetzen, als die Pflanzen aufnehmen können, und zu einer Auswaschung ins Grundwasser führen, wo dann Massenvermehrungen von Algen drohen. Mögliche Umweltwirkungen dieser Art weiter zu erforschen, wird zu den Aufgaben der kommenden Jahre zählen.

Die Landwirtschaft unterbricht den natürlichen Silikat-Kreislauf

Amorphes Silikat bezeichnet einen Sammelbegriff für viele verschiedene Verbindungen, deren Kern aber immer Silizium ist. Die mikrometergroßen Komplexe aus Silizium, Sauerstoff und Wassermolekülen haben in der Forschung bisher wenig Beachtung gefunden, sind aber für den Nährstoff- und Wasserhaushalt von Pflanzen enorm wichtig, wie aktuelle Studien zeigen.

„Natürliche, wenig beeinflusste Böden enthalten bis zu sechs oder sieben Prozent amorphes Silikat“, erklärt Schaller. Pflanzen reichern die Siliziumverbindungen in ihren Stängeln und Blättern an, wo sie Stabilität verleihen und Fraßfeinde abwehren. In natürlichen Systemen gehen die Verbindungen wieder in den Boden über, sobald die Pflanze abstirbt und verrottet. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen ist dieser Kreislauf unterbrochen. Mit der Ernte verschwindet jedes Jahr ein Teil davon aus dem Kreislauf und dem Boden, bis der Gehalt an amorphem Silikat auf oft weniger als ein Prozent gesunken ist.

Auf die Bodeneigenschaften kommt es an

„Es gibt inzwischen viele Studien, die zeigen, dass Pflanzen besser wachsen, wenn mehr amorphes Silikat im Boden vorhanden ist“, erklärt er. Bisher habe man das allerdings darauf zurückgeführt, dass sich Prozesse wie Photosynthese oder Aufnahme von Nährstoffen in den Pflanzen verändern. „Nun konnten wir zeigen, dass es tatsächlich die Bodeneigenschaften sind, auf die es ankommt“, sagt Schaller.

Das ZALF erreichen zum Thema inzwischen bereits Anfragen aus der Landwirtschaft, die dringend Lösungen gegen die zunehmenden Trockenperioden sucht. Die Erwartungen muss das Team um Schaller aber etwas dämpfen: „Wir haben einen langen Weg vor uns, bevor die Methode in die Praxis gehen kann. Aber in fünf Jahren rechne ich mit ersten Anwendungen.“

Anerkennung für seine Forschung hat sein Team bereits erhalten: Für seinen Ansatz zur Erhöhung der Bodenwasserverfügbarkeit, und damit für den möglichen Beitrag dazu, die globale Nahrungsmittelproduktion in Zeiten des Klimawandels zu stabilisieren, wurde Jörg Schaller in die engere Auswahl für die „Falling Walls Science Breakthroughs of the Year 2021“ in der Kategorie Life Sciences gewählt. In Erinnerung an den Mauerfall 1989 in Berlin veranstaltet „Falling Walls“ vom 7. bis 9. November einen Wissenschaftsgipfel, in dessen Rahmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versammelt und gewürdigt werden sollen, die an Lösungen zu den großen Herausforderungen unserer Zeit forschen.

 

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Der ZALF-Wissenschaftler Jörg Schaller erforscht amorphes Silikat als Möglichkeit, die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen im Boden zu erhöhen. Quelle: © Hendrik Schneider / ZALF
Der ZALF-Wissenschaftler Jörg Schaller erforscht amorphes Silikat als Möglichkeit, die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen im Boden zu erhöhen. Quelle: © Hendrik Schneider / ZALF.

 

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© Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. Müncheberg