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Insektenschutz aus dem Landschaftslabor: Wissenschaft und Praxis entwickeln gemeinsam Insektenschutzmaßnahmen für die Region

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​​​​​21.07.2022

Pressemitteilung

Im Havelland werden in einem Reallabor Insektenschutzmaßnahmen erprobt, wie die Blütenanreicherung im Grünland.

Im Projekt „FInAL” erproben Forsc​​hende des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) Maßnahmen für den Insektenschutz. Seit 2018 untersuchen sie in einem eigens eingerichteten Landschaftslabor im brandenburgischen Havelland Möglichkeiten zur insektenfreundlichen Bewirtschaftung von Niedermoorböden. Diese können nur eingeschränkt landwirtschaftlich genutzt werden, sind aber aufgrund ihrer ökologischen Bedeutung, zum Beispiel als CO2-Speicher, sehr wertvoll. Über den direkten Vergleich von Flächen mit und ohne Maßnahmen liegen jetzt praxisnahe Ergebnisse über Erfolge und Grenzen verschiedener Insektenschutzmaßnahmen vor.

Laut des neuesten Berichts der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) ist der Rückgang der Artenvielfalt eine Bedrohung für Milliarden von Menschen. Spätestens seit der Veröffentlichung der „Krefelder Studie“ 2017 gibt der Insektenrückgang auch in Deutschland Anlass zur Sorge. Auf Versuchsflächen des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) im Havelland verbindet ein Forschungsteam Insektenschutz mit dem Anbau nachwachsender Rohstoffe. Unter Koordination des Thünen-Instituts wird hier seit Oktober 2018 im Rahmen des Forschungsprojektes „FInAL - Förderung von Insekten in Agrarlandschaften“ in einem Landschaftslabor im Niedermoorgebiet insektenfreundlichere Landwirtschaft in der Praxis erprobt. Die Niedermoorflächen wurden bis 1992 entwässert und intensiv für die Landwirtschaft genutzt. Seit dem stehen sie unter Schutz. Wie diese Flächen nun insekten- und umweltschonend und gleichzeitig ökonomisch rentabel gelingen kann, das haben die Forschenden untersucht. 

Inzwischen liegen Ergebnisse vor, die belegen, dass die richtige Bodenbearbeitung entscheidend ist für das Vorkommen von Wildblumen und Insekten im Grünland. Auch Käferbänke tragen zur Insektenvielfalt in Agrarlandschaften bei. Die Frage, wie Insektenschutzmaßnahmen von den Praktikerinnen und Praktikern sowie der Öffentlichkeit wahrgenommen werden, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. 

Insektenfördernde Maßnahmen erprobt 

Wildblumen im Grünland sind für Insekten eine wichtige Nahrungsquelle. Damit sich die Wildblumen jedoch erfolgreich etablieren können, muss vorher der Boden gefräst oder gemulcht werden, um die Grasnarbe zu lockern – das ergeben die ersten Forschungsergebnisse des Projektes. Auch die Wirksamkeit von Käferbänken, das heißt von Rückzugsorten für Insekten am Feldrand, auf die Förderung von Laufkäfern konnte das Forschungsteam nachweisen. Laufkäfer zählen in der Landwirtschaft zu den Nützlingen, da sie sich von diversen Schädlingen ernähren, beispielsweise von Schneckeneiern. Fast achtmal mehr Laufkäfer zählten die Forschenden auf der Fläche mit Käferbänken als auf der Vergleichsfläche ohne Maßnahme. Der Effekt auf Spinnen und Kurzflügler hingegen war gering bis nicht vorhanden. Auch das ist für das Forschungsprojekt und die Maßnahmenauswahl auf anderen Betrieben eine wichtige Erkenntnis. „Das Besondere am Projekt ist der Forschungsansatz, bei dem wir von Anbeginn an viele wichtige relevante Akteure mit in die Forschung einbeziehen und unter Praxisbedingungen und im direkten Vergleich mit einer Referenzfläche Insektenschutzmaßnahmen erproben“, sagt Prof. Frank Eulenstein, der das Vorhaben auf ZALF-Seite koordiniert. 

Wirtschaftliche Lösungen für den Insektenschutz 

Für den Erfolg von Maßnahmen, so zeigen die Untersuchungen, müssen diese zwei Faktoren erfüllen: sie müssen wirtschaftlich sein und die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen. „Einen Baukasten an pauschalen Maßnahmen zum Insektenschutz gibt es so nicht. Das ist von Hof zu Hof sehr unterschiedlich und macht die Umsetzung der Maßnahmen in der Breite schwer. Daher brauchen wir diese praxisnahen Versuche in möglichst vielen unterschiedlichen Regionen“, ergänzt Eulenstein. Die Versuchsflächen, auf denen die ZALF-Forscherinnen und Forscher ihre Versuche durchgeführt haben, liegen im Havelländischen Luch, einem Niedermoorgebiet in Brandenburg. Niedermoorflächen zeichnen sich durch einen hohen Gehalt organischen Materials aus. Werden die Flächen, wie auch hier, für die Landwirtschaft entwässert, werden große Mengen Kohlendioxid frei, was zum Klimawandel beiträgt. Für die Wiedervernässung der Flächen im Havelländischen Luch fehlt es in der Region jedoch an Wasser. Um die Flächen dennoch umweltschonend und wirtschaftlich nutzen zu können, wird das Grünland dort jetzt dreifach verwendet in einer sogenannten „Kaskadennutzung“: Mit der Aussaat von Wildblumen wird auf den Flächen das Nahrungsangebot für Insekten erhöht. Die Biomasse, die auf den Flächen entsteht, können die Betriebe in Biogasanlagen weiterverwerten. Die Reststoffe aus der Energieproduktion wiederum eignen sich als Torfersatzstoffe. Da Torf im Erwerbsgartenbau bis 2030 weitestgehend ersetzt und im Freizeitgartenbau bis 2026 verboten werden soll, gewinnen Torfersatzstoffe gerade zunehmend Bedeutung. Damit wurde ein insektenfreundliches und wirtschaftliches Bewirtschaftungssystem speziell für Niedermoorböden erprobt. Weitere Landschaftslabore des Projektes befinden sich Niedersachen und Bayern, wo seit 2020 an für den jeweiligen Kontext und lokale Bedingungen angepassten Insektenschutzmaßnahmen geforscht wird. 

In die Entwicklung von Maßnahmen spielt die Zusammenarbeit mit Landwirtinnen und Landwirten, aber auch mit den Kommunen sowie Boden- und Wasserverbänden vor Ort eine große Rolle. Die Wahrnehmung der ökologischen Bedeutung von Insekten und ihres Rückgangs bei den Landwirtinnen und Landwirten haben die Forschenden gezielt untersucht. Die Mehrzahl zeigte sich Insektenschutzmaßnahmen gegenüber aufgeschlossen, wenn sie finanziell dafür entschädigt werden. Damit Insektenschutzmaßnahmen auch von der breiteren Öffentlichkeit mitgetragen werden, informieren die Forschenden im Rahmen von Sitzungen und durch Informationstafeln vor Ort. 

Projektpartner:

  • Thünen-Institut für Biodiversität (Koordination)
  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. 
  • Thünen-Institut für Betriebswirtschaft
  • Julius-Kühn-Institut
  • Landwirtschaftskammer Niedersachsen
  • Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) 

Förderhinweis: 

FInAL wird gefördert durch die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) e.V., ein Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft.

 

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Im Havelland werden in einem Reallabor Insektenschutzmaßnahmen erprobt, wie die Blütenanreicherung im Grünland. | Quelle: © Philipp Scharschmidt / ZALF.
Im Havelland werden in einem Reallabor Insektenschutzmaßnahmen erprobt, wie die Blütenanreicherung im Grünland. | Quelle: © Philipp Scharschmidt / ZALF​.

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