Klimawandel, Ernährungsicherheit, Nachhaltigkeit - Herausforderungen der Zukunft auf der Landschaftsebene lösen
Herr Ewert, Sie blicken auf über 25 Jahre Forschungserfahrung in der Agrarwissenschaft, speziell im Pflanzenbau und der mathematischen Modellierung, zurück. Was hat Ihre Neugierde für diese Disziplin geweckt?
Ich bin auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und konnte mich frühzeitig für die Vielfältigkeit agrarischer Produktionssysteme begeistern. Das Studium hat dann mein wissenschaftliches Interesse geweckt. In der Modellierung sah ich schließlich eine Möglichkeit, komplexe Zusammenhänge je nach Fragestellung auf das Wesentliche zu reduzieren.
Mit Stationen in Südengland, Dänemark, den Niederlanden und Deutschland sowie Gastaufenthalten in Neuseeland, Japan und Australien sind Sie international sehr erfahren. Was hat Sie nach Brandenburg an das ZALF geführt?
Um die großen Fragen unserer Zeit zu beantworten, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit äußerst wichtig. Welchen Einfluss haben Agrarsysteme auf den Klimawandel? Wie ernähren wir eine wachsende Weltbevölkerung bei gleichzeitig nachhaltiger Nutzung natürlicher Ressourcen? Welche Möglichkeiten bieten technologische Entwicklungen für die Gestaltung von Agrarlandschaften? Das sind nur einige der Herausforderungen, zu denen wir aufgrund ihrer Komplexität nur im engen Zusammenspiel verschiedener Disziplinen Lösungen erarbeiten können. Das ZALF bietet hervorragende Möglichkeiten für diese interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Geht es mit Bits und Bytes zur Landwirtschaft der Zukunft?
Interdisziplinarität und Digitalisierung sind am ZALF zwei Seiten einer Medaille. Hier wird schon lange mit großen und umfassenden Datenmengen zu den verschiedensten Landschaftsaspekten gearbeitet. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und den Entwicklungen im Bereich »Big Data« eröffnen sich für uns völlig neue Möglichkeiten: Zusätzlich zu unseren Versuchen im Labor, in Klimakammern oder auf unserer rund 150 ha großen Forschungsstation generieren wir umfangreiche Daten, die wir u.a. für die computergestützte Modellierung nutzen. So können wir Wechselwirkungen zwischen Einzelprozessen bis hinauf auf die Landschaftsebene erklären. Damit kommen wir zu neuen Lösungsansätzen bei der Entwicklung von Agrarlandschaften der Zukunft.
Und welchen Nutzen bringen Ihre Forschungsergebnisse?
Auf der Grundlage unserer Modelle und Daten entwickeln wir konkrete Instrumente, mit denen u.a. Akteure in der Landwirtschaft, in der Politik und der Beratung ökonomisch und ökologisch nachhaltiger wirtschaften bzw. diese Bewirtschaftung institutionell umsetzen können. Unser Spektrum ist hier sehr breit und reicht von an den Klimawandel angepassten Landnutzungsstrategien, zum Beispiel in Brasilien und Indien, bis hin zu konkreten technischen Lösungen, etwa zur Umsetzung von Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen in unserer heimischen Landwirtschaft.
Was ist die größte und aus Ihrer Sicht dringlichste Herausforderung in der Agrarlandschaftsforschung?
Uns beschäftigt insbesondere die Frage, wie wir den Folgen des globalen Bevölkerungswachstums, der zunehmenden Knappheit natürlicher Ressourcen sowie dem Klimawandel begegnen. Ernährungssicherheit auf der einen und ein nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen und unserer Umwelt auf der anderen Seite: dies gilt es zu balancieren.
Prof. Dr. Frank A. Ewert
ist seit dem 1. März 2016 neuer wissenschaftlicher Direktor des ZALF. Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in den Bereichen Pflanzenbauwissenschaften und mathematischer Modellierung mit Bezug zur Agrarsystemforschung.
Infomaterial und weiterführende Informationen: