Der Amazonas ist die Lunge der Erde. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am ZALF erarbeiteten im Projekt "Carbiocial" wichtige Grundlagen dafür, dass es so bleibt.
Der Amazonas ist der größte Regenwald der Welt; das Gebiet ist etwa 16-mal so groß wie die Bundesrepublik. Doch es schrumpft täglich. Brasilien, das Land, in dem der größte Teil der Waldfläche liegt, nutzt diese als Acker- oder Weideland. Der Export von Agrarprodukten ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wenn aber die Abholzung des Regenwaldes weiter voranschreitet, könnte zunächst der regionale, dann der globale Klimakreislauf zusammenbrechen und ein einzigartiges Ökosystem für immer verschwinden. Wie Landnutzungsstrategien aussehen können, die es schützen, untersuchte ein deutsch-brasilianischer Forschungsverbund.
Der verhängnisvolle Zyklus ist meist der gleiche: Sogenannte Pioniere roden ein Stück Regenwald – legal oder illegal – und lassen dort Tiere grasen. Kleinbauern folgen und pflanzen Ackerfrüchte für den Eigenbedarf an. Wenn die Erträge sinken, weil der Boden seine Fruchtbarkeit verliert, sind die Bauern oft genötigt, ihre Flächen an Agrarkonzerne zu verkaufen – oft weit unterhalb des Werts. Anschließend werden die Flächen in riesige Plantagen für Mais, Soja oder Baumwolle verwandelt. Durch die intensive Bewirtschaftung wird der ohnehin nährstoffarme Boden weiter ausgelaugt. Ein Stück Urwald, das heute abgeholzt wird, um es als Weideland zu nutzen, kann in fünf Jahren nur noch von großen Konzernen wirtschaftlich genutzt werden. Pioniere und Kleinbauern, die nicht über das notwendige Investitionskapital verfügen, ziehen weiter und schlagen neue Lücken in den Regenwald.
Um den Amazonas zu schützen, liegt die Herausforderung also darin, das Land effektiver und länger zu nutzen. So müssten keine neuen Waldgebiete abgeholzt werden.
Genau diesem Ziel hat sich unter anderem das Team um Dr. Claas Nendel verschrieben. Die Forscher des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) gehören zum Verbundvorhaben „Carbiocial“, das unter Leitung der Universität Göttingen auch mit brasilianischen Kollegen zusammenarbeitet. Für einen Erfolg des Projekts – das im Mai 2016 abgeschlossen wurde – war es wichtig, zunächst Wachstum und Ertrag der Ackerkulturen unter den vorherrschenden Bedingungen besser zu verstehen. Die Forscher am ZALF setzten deshalb ein Computermodell ein, welches das Wachstum von Kulturpflanzen in Abhängigkeit vom Wasser- und Nährstoffangebot sowie Klima simuliert. Auf diese Weise konnten sie die Erträge von Soja, Mais und Futttergras vorhersagen – auch unter
zukünftigen Klimaverhältnissen.
Die Forscher fanden heraus, dass sich die Nutzungsdauer der Flächen verlängert, wenn zum Beispiel Pflanzenreste aus der Produktion von Fruchtsäften oder Zucker regelmäßig in den Boden eingearbeitet werden. Weidewirtschaft könnte zudem vom natürlichen Wiederaufwuchs der Sträucher und Bäume profitieren. „Auch der gleichzeitige Anbau von Ackerfrüchten und Bäumen für die Möbelproduktion auf ein und demselben Feld kann – ökonomisch betrachtet – den Ertrag steigern“, erklärt Nendel.
Die Ergebnisse des ZALF werden jetzt von den Projektpartnern für eigene Forschungen weiterverwendet. Dabei geht es unter anderem um die Frage, wie die zukünftige Verteilung der Landnutzung im südlichen Amazonas aussehen wird. Interessant in diesem Zusammenhang: Die Forscher stellten fest, dass sich die Kohlenstoffspeicher im Boden und die Treibhausgasemissionen nach der Abholzung des Regenwaldes kaum ändern. Unberührt bleiben von dieser Erkenntnis die übrigen, teilweise katastrophalen Folgen: Werden die Wälder mit Feuer gerodet, wird das gespeicherte Treibhausgas CO2 freigesetzt. Wo keine Bäume mehr stehen, wird zudem kein Sauerstoff mehr produziert und auch der Wasserkreislauf im Gebiet hängt vom Bewuchs ab. Nicht zuletzt geht mit der Rodung ein einmaliger Lebensraum für zahlreiche Tiere verloren.
Auf Basis der Forschungsergebnisse sollen nun konkrete Empfehlungen ausgesprochen werden; nicht nur an die Bauern, auch an Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung. So tragen die Forscher dazu bei, diesen besonderen Lebensraum zu erhalten und das Weltklima zu schützen.
Den ausführlichen Beitrag können Sie im Magazin forschungsfelder des BMEL nachlesen: Heft 3/2016.
Infomaterial und weiterführende Informationen: