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Prof. Katharina Helming über die Bedeutung von Wetterextremen auf Ackerböden

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02.07.2021

Prof. Katharina Helming

Hitze, Trockenheit, Unwetter, Starkregen, Hagel: die Wetterextreme der letzten Tage und Wochen gehen auch an den Ackerböden in Deutschland nicht spurlos vorbei. ZALF-Wissenschaftlerin und Expertin für Bodenkunde Prof. Dr. Katharina Helming beschreibt im Interview, welchen Einfluss Extremwetterereignisse auf den Boden haben und wie sich die Landwirtschaft besser darauf vorbereiten kann.

Aktuell sehen wir einen Wechsel zwischen wochenlanger Hitze und Trockenheit und dann wieder sehr starkem Dauerregen: Wie reagieren unsere Böden?

Der Boden ist in den letzten niederschlagsarmen Wochen und Monaten erneut stark ausgetrocknet. Starker Regen kann nun nicht so schnell in den Boden eindringen. Das bedeutet, dass er oberflächlich abfließt, obwohl der Boden trocken ist.

Kommt es aktuell zu Bodenerosion?

Dies ist von vielen Faktoren abhängig, wie der Hangneigung, der Pflanzenbedeckung, der Bodenart und der lokalen Intensität des Niederschlags. Durch den Starkregen können die oberen, besonders fruchtbaren Bodenschichten weggeschwemmt werden. Das führt nicht nur dazu, dass wertvolle organische Bodensubstanz und Nährstoffe abgetragen werden, was die Bodenfruchtbarkeit beeinträchtigt, sondern es kann dadurch auch zu Überschwemmungen und Verunreinigungen von Straßen, Häusern und Gewässern führen. Wenn der Oberflächenabluss sehr stark ist, kann die Erosion zu starker Rinnen- und Furchenbildung führen, die nachhaltigen Schaden auf den Ackerflächen hinterlassen.

Bis zu welcher Tiefe ist der Boden noch zu trocken?

Die Austrocknung des Bodens kann je nach Bodentyp und Dauer der Dürreperiode bis zu zwei Meter und tiefer reichen.

Werden durch den Starkregen der letzten Tage nun tiefere Schichten erreicht?

Aktuell hat sich die Durchfeuchtung der oberen 25 Zentimeter etwas verbessert. Vor allem in Ost- und Süddeutschland gibt es aber auch hier noch Hotspots, was vor allem mit der Stärke des Niederschlags zu tun hat. Gesunde, gut gepflegte Böden haben einen vielfältigen Porenraum, durch den der Regen bereits in tiefere Bodenschichten eindringen kann. Mit dem Anbau vielfältiger, aufeinander abgestimmter Fruchtarten kann so ein umfangreiches Porensystem gefördert und Verdichtung verhindert werden. Dies ist besonders in Ost- und Mitteldeutschland wichtig, wo der Boden bis ca. 1,8 Meter trotz Regen noch zu trocken ist.

Welche Pflanzen profitieren aktuell? Wo fehlt noch immer Wasser?

Pflanzen, die jetzt noch nicht direkt vor der Ernte stehen, wie Mais und Zuckerrüben, aber z. T. auch spätreife Weizensorten, profitieren aktuell, weil sie noch voll im Wachstum bzw. in der Kornfüllung sind. Mais und Zuckerrüben sind ebenfalls dankbar für den Regen, allerdings können hier auch stärkere Erosionsschäden entstehen, da in einigen Regionen die Bodenbedeckung noch nicht so gut ist, die Reihen noch nicht vollständig geschlossen sind und das Wasser dort größere Angriffsflächen hat. Besonders profitieren Wiesen und Weiden vom Niederschlag. Sie können nach der Trockenphase zu vollem Wachstum zurückkehren.

Was muss künftig getan werden, damit der Boden besser auf diese Wetterextreme reagiert?

Wir beobachten in den letzten Jahren eine Zunahme an Extremwetterereignissen, also extreme Dürre, Hitze, Starkregen und Hagel, auch in Folge des Klimawandels. Wir müssen diese Entwicklungen ernstnehmen und uns national und international für mehr Klimaschutz einsetzen. Wir müssen auch die Bodengesundheit und damit den Wasserhaushalt des Bodens gezielt verbessern. Ein guter Wasserrückhalt im Boden ist die beste Versicherung gegen die Folgen des Klimawandels in der Landwirtschaft. In der Abfolge der Feldfrüchte auf dem Acker sollte beispielsweise darauf geachtet werden, dass deren Wurzelsysteme sich gegenseitig ergänzen und die Bodenstrukturbildung fördern. So hat zum Beispiel Getreide bis zu zwei Meter lange, weit verzweigte Wurzeln. Raps hingegen hat tiefe Pfahlwurzeln. Der Mais wurzelt sehr flach, hier entsteht neuer Porenraum nur in den oberen Zentimetern des Bodens. Baue ich nur eine Fruchtart an, schaffe ich den Porenraum immer nur in einem Bereich des Bodens und reize dessen gesamtes Speicherpotenzial gar nicht aus. Wichtig sind die „Makroporen“, auch im sogenannten Unterboden (tiefer als 25 cm), die zum Beispiel von Regenwürmern kommen, und die das Wasser in die Tiefe transportieren, aber auch die sogenannten „Mesoporen“, die das Wasser im Boden speichern und bedarfsgerecht an Wurzeln abgeben. Beides schaffen wir durch eine abwechslungsreiche Fruchtfolgengestaltung. Ein weiterer relevanter Punkt ist die Pflugsolenverdichtung. Der Pflug arbeitet in der Regel in Tiefen von 25 - 30 Zentimetern. An dieser Arbeitsgrenze tritt im Boden dann eine Verdichtung auf, darunter wird der Boden wieder lockerer. Das Wasser kann diese Verdichtungsschicht nur schwer durchdringen, auch daher ist es wichtig, dass wir den Boden durch Vielfalt und reduzierte Bodenbearbeitung immer wieder auflockern bzw. sich nicht verdichten lassen.

Das Interview führte Hendrik Schneider.

Bildmaterial

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Erosion und Staunässe auf einem landwirtschaftlichen Feld | Quelle: © geralt/Pixabay.
Bildunterschrift: Erosion und Staunässe auf einem landwirtschaftlichen Feld nach dem Regen | Quelle: © geralt/Pixabay.

 

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